Leserbriefe und Stellungnahmen der Justiz |
22.07.2006 Ärger kein Grund für ehrverletzende ÄußerungenHÖHEINÖD/ZWEIBRÜCKEN: Landgerichtspräsidentin Wolf schildert Sicht der Justiz im Fall Fischer - „Politisches Problem“Von unserer Mitarbeiterin Andrea Daum „Die Justiz hat sich immer an die geltende Rechtslage gehalten“, sagt Irmgard Wolf, Präsidentin des Landgerichtes Zweibrücken, zum Fall des Höheinöders Jürgen Fischer, der derzeit eine Ersatzhaftstrafe von 15 Tagen im Gefängnis wegen Beleidigung eines Richters absitzt (die RHEINPFALZ berichtete mehrfach). Fischer hatte sich bewusst für die Gefängnisstrafe und gegen die verhängte Geldstrafe von 150 Euro entschieden, weil er damit auf die aus seiner Sicht ungerechten Gesetze für uneheliche Väter aufmerksam machen will. Und genau hier sieht Wolf das Problem, denn die Justiz, die Fischer mit seiner Aktion angreife, könne sich nur an bestehende Gesetze halten. Gesetze könne nur der Bundestag ändern. Wolf: „Es ist also ein politisches Problem.“ Dass Fischer in einem Schreiben an das Amtsgericht Pirmasens beleidigende Äußerungen gemacht hat, ist unstreitig. „Die Justiz hat natürlich einen Ermessensspielraum“, sagt Wolf, aber der sei bei Jürgen Fischer ausgereizt gewesen. Nicht zum ersten Mal sei er in Schreiben an Justizeinrichtungen beleidigend geworden. Aus dem Jahr 2001 stammen erste Schreiben mit beleidigendem Inhalt, die ihr vorliegen, gegen die nicht vorgegangen wurde. Gerade Familienrichter seien einiges gewöhnt. Die Beleidigungen hätten sich aber fortgesetzt. „Bevor ich solche Strafanzeigen mache, fordere ich die Verfasser immer, meist mehrfach, zur Mäßigung auf“, erläutert Wolf ihr Vorgehen als Dienstvorgesetzte, als die sie eine Fürsorgepflicht für ihre Mitarbeiter habe. Diese seien bemüht, ihre Arbeit im Rahmen der bestehenden Gesetze so gut wie möglich zu machen und dürften kein Freiwild für Beleidigungen sein. Fischer habe den beleidigenden Ton beibehalten und irgendwann sei der Ermessensspielraum ausgereizt gewesen, weshalb die Strafanzeige erfolgte. Zunächst war ein Strafbefehl ergangen, den er nicht akzeptiert habe. Richter zu beleidigen und Unterhaltszahlungen zu verweigern, was Fischer mit dem Hinweis darauf, dass er so lange nicht zahle, bis er ein vernünftiges Umgangsrecht mit seinem Kind habe, getan habe und tue, seien nicht der richtige Weg, um im Sorgerechtsbeziehungsweise Umgangsrechtsstreit zum Ziel zu kommen. Wenn Fischer, wie getan, keinen Unterhalt zahle, dann zahle zunächst das zuständige Jugendamt den gesetzlich geregelten Unterhalt für das Kind, so Wolf, denn entscheidend sei in der Gesetzgebung, die das Familienrecht betrifft, dass immer alles vom Wohl des Kindes aus gesehen werde. Natürlich versuche dann das Jugendamt den Unterhalt vom Vater zurückzufordern, im Zweifelsfall führe das bis hin zu Zwangsvollstreckungen. Wenn Fischer diese Forderungen nicht begleiche, den vorgestreckten Unterhalt nicht zahle, „dann lässt er schlicht die Allgemeinheit für sein Kind bezahlen“. Was den nach Empfinden von Fischer zu niedrigen Selbstbehalt von 600 Euro anbelange - der Teil seines Einkommens, der ihm bleiben darf -, sei auch das rechtlich korrekt. Das gehe auf eine Grundsatzentscheidung des OLG Zweibrücken zurück, das in der Westpfalz 600 Euro Selbstbehalt als geltenden Maßstab gesehen habe. In Ballungsräumen, in denen die Lebenshaltungskosten angesichts eines deutlich höheren Mietniveaus höher sind, gehe die Rechtsprechung möglicherweise von höheren Sätzen aus. Das Familienrecht, vor allem wenn es um Sorgerechts- und Umgangsfragen gehe, sei mit das schwierigste Feld, räumt Wolf ein, denn gerade in diesen Bereich würden enorm viel Emotionen hineinspielen. Dazu komme, dass in diesem juristischen Bereich, anders als im Zivilrecht, wo der die Verfahrenskosten zu zahlen habe, der den Prozess verliert, im Familienrecht das Veranlasserprinzip bei der Kostenfrage gelte. Das heißt, wer Anträge stelle, müsse letzten Endes zahlen. Deshalb müsse Fischer beispielsweise auch 1500 Euro Kosten für die Arbeit einer Mitarbeiterin des Kinderschutzbundes begleichen, die in einem von ihm veranlassten Verfahren vom Gericht beauftragt worden war, um - im Einverständnis mit Fischer - ein betreutes Umgangsrecht zwischen Fischer und seiner Tochter zu ermöglichen. Dieser empfinde das nun wohl so, dass er für zwei Stunden Umgang, den er dann mit seiner Tochter hatte, diese 1500 Euro zahlen müsse. Dem sei aber nicht so, sagt Wolf. Bis es überhaupt möglich gewesen sei, diese zwei Stunden zu erreichen, sei angesichts der damaligen Streitigkeiten zwischen Fischer und der Mutter seines Kindes von der Kinderschutzbund-Mitarbeiterin eine Menge Vorarbeit zu leisten gewesen. Für die gesamte Arbeit seien die Kosten entstanden. Die Arbeit sei vom Gericht, mit Einverständnis von Fischer, in Auftrag gegeben worden. Weil er Antragssteller sei, greife auch hier das Verursacherprinzip bei den Kosten. Dass dies zu Frustration und Ärger führe, erlebten gerade Familienrichter immer wieder. „Aber all der Ärger ist kein Grund für ehrverletzende Äußerungen gegenüber Menschen, die sich an bestehende Gesetze halten“, so Wolf. Ändern könne diese Gesetze nur die Politik, nicht die Justiz. - Hintergrund, Leserbriefe Anmerkung von Jürgen Fischer:
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